Ein wegweisendes Projekt – sowohl für das Laufental als auch aus Sicht der baubegleitenden Vermessung
Die SBB baute im Auftrag des Bundes im Kanton Basel-Landschaft auf vier Kilometern die zuvor eingleisige Strecke zwischen Grellingen und Duggingen zur Doppelspur aus. Mit diesem Vorhaben können sich die Züge auf der Strecke Basel–Laufen–Delémont–Biel/Bienne ab Ende 2025 flexibler kreuzen und im Halbstundentakt verkehren. Seit Baubeginn Anfang 2023 wurden umfangreiche Vermessungen durchgeführt. Dabei kam erstmals in der Schweiz eine vollautomatische Drohnenvermessung auf einer langgestreckten Grossbaustelle im Bahnbereich zum Einsatz.
Die Bahnstrecke von Basel durch das Laufental verbindet regionale und überregionale Linien und wird von S-Bahn- und Fernverkehrszügen gemeinsam genutzt. Zwischen Aesch (BL) und Delémont (JU) verläuft die Strecke weitgehend eingleisig. Das Kreuzen der Züge war bislang nur auf kurzen, zweigleisigen Abschnitten bei einzelnen Bahnhöfen möglich, was für einen durchgehenden Halbstundentakt im Fernverkehr nicht ausreichte.
Im Rahmen des Ausbauschritts 2035 des Bundes (STEP AS35) beschlossen Bund und Parlament, die Strecke zwischen Grellingen und Duggingen auf vier Kilometern doppelspurig auszubauen. Das 133 Millionen Franken teure Projekt schafft die notwendige Kreuzungsflexibilität, sodass der Fernverkehr zum Fahrplanwechsel Dezember 2025 im Halbstundentakt angeboten werden kann. Dank der Finanzierung der Projektierung durch die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura und Solothurn konnte die bauliche Umsetzung, die durch den Bund finanziert wurde, auf Ende des Jahres 2025 vorgezogen werden (statt 2035).
Bauliche Herausforderungen
1. In der ersten Bauphase entstanden bei laufendem Bahnbetrieb die notwendigen Ingenieurbauwerke zur Verbreiterung des Trassees. Dazu gehörten Felsabbrüche, Steinschlagschutznetze, Anpassungen der Bahndämme sowie der Bau mehrerer bis zu acht Meter hohen Stützmauern.
2. Die zweite Bauphase (Intensivphase) umfasste eine fünfmonatige Totalsperre der Strecke zwischen Aesch und Laufen von Ende April bis Ende September 2025. In dieser straff getakteten Zeit wurden Gleise, Fahr- und Werkleitungen zurückgebaut und das neue Trassee vollständig errichtet. Tonnenweise Kies, Bitumen, Schotter, Schienen und Fahrleitungsmasten mussten unter logistisch anspruchsvollen, beengten Platzverhältnissen verbaut werden. Die beteiligten Projektpartner koordinierten ihre Arbeiten unter hohem Zeitdruck, sodass der Zugbetrieb Ende September wieder aufgenommen und alle Vorbereitungen für den neuen Halbstundentakt sowie die angepassten Geschwindigkeiten im Fernverkehr rechtzeitig zum Fahrplanwechsel Dezember 2025 erledigt werden konnten.
Das Mandat umfasste drei Bereiche:
1. Beweissicherung im Vorfeld der Baumassnahmen
2. Laufende Überwachungsmessung
3. Bahnvermessungsarbeiten während der gesamten Ausführungsphase
Trassenführung im Bereich Grellingen mit der steilen
Felswand des Projektabschnitts «X02» im Hintergrund.
Bereits kurz nach Mandatsvergabe wurde mit den bauherrenseitigen Vermessungs- und Beweissicherungsarbeiten begonnen. Es wurden bei über hundert an die Baustelle angrenzenden Liegenschaften Rissprotokollaufnahmen zur Beweissicherung durchgeführt. Parallel wurde eine geodätische Überwachungsmessung eingerichtet, die im Ereignisfall mögliche Setzungs- oder Hebungseinflüsse messtechnisch nachweisen kann. Ergänzend erfolgten Erschütterungsmessungen in Gebäuden, die durch Sprengungen oder Spitzarbeiten potenziell beeinträchtigt wurden.
Eine der Schlüsselstellen im Projekt war der Abschnitt «X02», eine rund 30 Meter hohe Felswand mit bis zu 76° steilen Abschnitten. Aufgrund der Trasseeverlagerung musste die Felswand um mehrere Meter abgetragen werden. Hierfür wurden Auflockerungssprengungen in Kombination mit Spitzarbeiten während des laufenden Bahn- und Kantonsstrassenbetriebs durchgeführt. Die dabei auftretenden Erschütterungen wurden kontinuierlich überwacht und detailliert protokolliert. Dank der durchdachten baulichen Vorgehensweise konnten die Erschütterungen stets weit unterhalb der Normwerte gehalten werden.
Abb. oben: Baufixpunktnetz im Bereich der neuen
Stützmauern, zum Teil in schwierigem Gelände.
Abb. unten: Fortlaufende Überwachung der Gleise und
Fahrleitungsmasten. In Spitzenzeiten waren bis zu
1'000 Überwachungspunkte in einer Woche zu messen.
Im Zuge der Errichtung der Stützbauwerke verlangte die SBB gemäss Norm I-50009 eine umfangreiche messtechnische Überwachung von Gleisen, Fahrleitungs- und Übertragungsleitungsmasten. Insgesamt wurden über 1’650 geodätische Überwachungspunkte an Gleisen und Masten angebracht. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten und des geforderten Messintervalls – üblicherweise eine Messung alle zwei Wochen – wurden manuelle tachymetrische Messungen eingesetzt. Da diese Messungen überwiegend während des laufenden Bahnbetriebs stattfanden und die Sicherheit der Mitarbeitenden gewährleistet werden musste, wurden die Überwachungspunkte mittels Monitoring-Prismen realisiert. Dadurch waren Begehungen des Gleises nur für Reinigungen erforderlich. Alle Ergebnisse wurden über die Plattform TEDAMOS dokumentiert und der Bauleitung zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen der geodätischen Überwachung der neuen Ingenieurbauwerke entstand die Schnittstelle zur unternehmerseitigen Vermessung, die für die Baugrubensicherungen zuständig war. Die Bauherrenvermessung hielt dafür sämtliche Gleisversicherungspunkte entlang der Strecke laufend instand und ergänzte bei Bedarf weitere Fixpunkte. Insgesamt 500 Fixpunkte wurden schliesslich über das Projekt hinweg bewirtschaftet.
Gegen Ende der ersten Bauphase und während der Totalsperre kamen verstärkt klassische Bahnvermessungsarbeiten zum Einsatz, darunter Absteckung und Kontrolle neuer Mastfundamente, Gleise, Weichen und Perrons in den Bahnhöfen Grellingen und Duggingen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, entwickelten die Projektpartnerinnen Jermann Ingenieure + Geometer AG und Terradata AG in enger Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft ein innovatives Lösungskonzept. Grundlage dafür waren die positiven Erfahrungen zahlreicher Drohnenbefliegungen in der ersten Bauphase sowie die neuesten Entwicklungen im Bereich autonomer Drohnensteuerung und automatisierter Datenauswertung/-visualisierung.
Einsatz von zwei autonomen Drohnen während der
Totalsperre, die täglich vollautomatisch die gesamte
Strecke befliegen und dokumentieren (Abb. oben: Drohne
während der Befliegung, Abb. unten: geöffnete DJI-Dock
kurz vor Drohnenstart).
Anstatt die verschiedenen Einbauschichten (u.a. Asphaltgranulat-Schicht, bituminöse Sperrschicht «AC-Rail», Vorschotterung) aufwändig tachymetrisch zu kontrollieren, wurden die Oberflächen täglich vollflächig mittels Drohnenvermessung erfasst. Die gewonnenen Daten wurden direkt mit den Soll-Modellen verglichen und die Höhendifferenzen ausgewiesen. Gleichzeitig dokumentierten aktuelle Orthofotos täglich den sich rasch ändernden Baustellenzustand. Die Befliegung und die anschliessende Datenprozessierung erfolgten vollständig autonom. Damit die Modelle eine hohe Aussagekraft aufweisen, forderte die Bauherrschaft eine Genauigkeit von ± 2 cm in Lage und Höhe. Um dies zu gewährleisten, musste die Bilderfassung entlang der gesamten Ausbaustrecke über mehrere Flugstreifen erfolgen. Die Kombination von Fluggeschwindigkeit, Flugstrecke und Ladezeit des Drohnenakkus erforderte den parallelen Einsatz von zwei unabhängigen Drohnensystemen.
Vor Beginn der Totalsperre wurden hierzu an zwei Standorten – am Bahnhof Grellingen und am Installationsplatz Duggingen – je eine Drohnenstation vom Typ DJI Dock 2 installiert. Diese ermöglichen die autonome und vollautomatische Befliegung definierter Areale zu individuell festgelegten Zeiten. Die beiden Drohnen-Docks wurden so konfiguriert, dass der gesamte, vier Kilometer lange Projektabschnitt einmal täglich beflogen und fotogrammetrisch erfasst werden konnte. Zusätzlich wurden die Drohnen auch für tägliche Übersichtsaufnahmen aus verschiedenen festgelegten Positionen und Blickwinkeln eingesetzt. Jede Drohne deckte dabei etwa die Hälfte des Projektperimeters ab.
Der tägliche Ablauf der Drohnenflüge beinhaltete gelegentliche Anpassungen der Startzeiten aufgrund des Baufortschritts sowie die bequeme Flugüberwachung aus dem Büro. Konkret wurde folgender Ablauf täglich automatisch ausgeführt:
- Drohnenstart nach vorgegebenem Zeitplan mit Flugüberwachung
- Gesicherter Bildupload via Mobilfunknetz
- Fotogrammetrische Auswertung mit automatischer Erkennung der Passpunkte zur genauen Lagerung
- Modellierung: Höhenmodell und Orthofoto
- Bereitstellung der Resultate
Auswertung flächenhafte und Profil-Höhenabweichung IST (gemessen) zu SOLL
(geplant) direkt im TEDAMOS-Webviewer.
Zur sinnvollen Nutzung der berechneten Modelle wurden die Resultate zusammen mit den projektierten 3D-CAD-Modellen der verschiedenen Einbauschichten auf TEDAMOS übertragen. Diese webbasierte Monitoring-Plattform erlaubte der Bauleitung die interaktive Analyse online und mit hoher Performance zu machen. Farblich dargestellte Höhendifferenzen zwischen Ist- und Soll-Modell machten Abweichungen auf einen Blick erkennbar. Zusätzlich konnten Profilschnitte angelegt sowie numerische Abweichungen automatisch berechnet und visualisiert werden.
Die tägliche Befliegung am späten Nachmittag und die Auswertung über Nacht ermöglichten der Bauleitung bereits am nächsten Morgen die Resultate einzusehen, die Höhenqualität jeder Einbauschicht zu prüfen und rasch die Freigabe für den nächsten Arbeitsschritt zu erteilen. Stichprobenartige Tachymeterkontrollen bestätigten die hohe Genauigkeit und Zuverlässigkeit des Verfahrens. Neben der qualitätssichernden Höhenkontrolle brachte das neue Verfahren einen weiteren Mehrwert: Die involvierten Unternehmer konnten ihre Arbeitsvorbereitung anhand des jeweils aktuellen Orthofotos fortlaufend optimieren, was sowohl die Effizienz als auch die Qualität der Bauausführung unterstützte.
Erstmals in der Schweiz wurde auf einer langgestreckten Bahnbaustelle eine automatisierte messtechnische Dokumentation des Baustellenzustands mittels autonomer Vermessungsdrohnen realisiert. Dieses Verfahren ermöglichte eine effiziente und präzise Erfassung der Höhenlage der verschiedenen Trassee-Einbauschichten – von der Datenerfassung über die Prozessierung bis hin zur Modellbereitstellung.
Wir sind überzeugt, dass dieses innovative Vermessungsverfahren künftig auch auf anderen grossflächigen Infrastrukturprojekten einen bedeutenden Mehrwert für Bauleitungen und Unternehmer bieten wird. Ein besonderer Dank gilt der SBB sowie allen Projektpartnern und Beteiligten für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bei diesem zukunftsweisenden Projekt.
Informationen zum Bauprojekt: www.sbb.ch/grelllingen-duggingen
Bildrechthinweis:
Sämtliche Abbildungen und Fotos wurden von den Projektpartnerinnen Jermann Ingenieure + Geometer AG, Terradata AG und SBB AG zur Verfügung gestellt und sind urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen in unveränderter Form und unter Angabe der Urheber verwendet werden. Jegliche Veränderungen an den Visualisierungen und Fotos sind nicht erlaubt.