Digital in die Zukunft

Digital in die Zukunft

Für die Baselland Transport AG (BLT) hat Jermann rund 14 Kilometer des Streckennetzes vermessen. Ein Gespräch mit Projekleiter Michael Schrattner und Messteamleiterin Pascale Spychiger über Herausforderungen in der Bahnvermessung, Nachteinsätze und freundliche Tramchauffeure.

Das digitale Zeitalter hält bei der BLT Einzug: Wie dringend war das Bedürfnis der digitalen Inventarisierung?
Schrattner: Ab 2017 stehen zahlreiche Umbauprojekte für die BLT an, für die eine aktuelle und zuverlässige Datengrundlage bereitgestellt werden musste. Bisher waren die Daten der BLT entweder in analoger Form vorhanden oder als CAD-Datei abgespeichert, so dass sich eine digitale Inventarisierung für die BLT aufdrängte.

Worin bestand der Auftrag der BLT?
Schrattner: Insgesamt 14 Kilometer des bestehenden Streckennetzes wurden vollständig vermessen. Dies umfasste alle Infrastrukturobjekte, sowie die Aufnahme der Gleise, Kabel- und Entwässerungsleitungen, Bahnsignale, Zugsicherungen, Haltestellen, Fahrleitungsmasten, Zäune, Mauern, Schranken, Bahnübergänge und vieles mehr. Insgesamt wurden rund 17‘000 Messpunkte und Objekte erfasst und im Büro ausgewertet.

Den Auftrag erhielten Sie Anfang Juni 2015. Ende September wollte die BLT erste Auswertungen. Wie geht man ein solches Projekt an?
Schrattner: In Anbetracht der Streckenlänge und der Anzahl aufzunehmender Objekte war der verfügbare Zeitrahmen sehr eng. Eine präzise Auftragsanalyse war eine Voraussetzung. Zudem wurde ein straffer Zeitplan zusammen mit der BLT erstellt. Das Messteam wurde immer von derselben Person geleitet, sodass vor Ort eine speditive und qualitativ gleichbleibende Datenerfassung gewährleistet war. Schwierig war der umfangreiche Objektkatalog, der aufgrund der guten Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber erfolgreich umgesetzt werden konnte.

«Die sorgfältigen Arbeitsvorbereitungen zahlten sich aus.»


Spychiger: Eine so umfangreiche und zeitkritische Erhebung war tatsächlich eine sehr grosse Herausforderung. Herauszuheben sind vor allem die schwierigen Bedingungen, denen das Team ausgesetzt war. Während den Sommermonaten, zum Teil bei fast 40 Grad im Schatten, oder bei eiskalten Temperaturen während einiger Nachteinsätze im Winter, mussten die Daten erfasst werden. Das Datenmanagement, sowohl im Feld wie bei der Auswertung im Büro, war nicht einfach zu meistern. Die sorgfältigen Arbeitsvorbereitungen zahlten sich letztendlich aus.

Das Vermessen des Schienennetzes, der Fahrleitungen, der Signalisierung und der vielen anderen Anlagen braucht viel fachliches Know-how.
Schrattner: Ja, und trotz langjähriger Erfahrung in der Bahnvermessung hat jedes neue Projekt seine speziellen Gegebenheiten und eigenen Anforderungen. Man muss sich bei jedem Projekt neu einarbeiten, es genau analysieren. Eine gute Vorbereitung ist dabei unerlässlich. Sie hilft, zielführend vorzugehen, denn man weiss aus Erfahrung, dass bei einem derartigen Projekt nicht alles im Voraus planbar ist. So war beispielsweise die Erfassung des Dorfkerns von Reinach tagsüber geplant, aufgrund der Bedingungen vor Ort mussten wir kurzerhand die Arbeiten in die Nacht verschieben.

Wie behält man hier den Überblick, dass die Bestandsaufnahme vollständig vermessen und inventarisiert wird?
Spychiger: Eine sorgfältige Arbeitsweise und eine gute Nachkontrolle sind Grundvoraussetzung, um eine vollständige und exakte Datenerfassung zu gewährleisten. Alle Messungen wurden auf dem Feld genauestens dokumentiert. Die vorhandenen Pläne und die Streckenvideos der BLT waren für die Auswertung im Büro ein guter Vergleichs- und Anhaltspunkt.

Kam es zu Unterbrüchen auf dem Schienennetz?
Spychiger: Nein – auf keinen Fall. Dann hätten wir unsere Aufgabe nicht erfüllt. Dass der laufende Schienenverkehr nicht beeinträchtigt wird, war für uns bei allen Arbeiten immer oberste Priorität! Durch das aufmerksame Vorgehen des Messteams konnten alle Arbeiten störungsfrei ausgeführt werden. Dank der zuverlässigen Sicherheitswärter war die Sicherheit des Messteams zu jeder Zeit garantiert.

«Die positive Grundstimmung im Team und der konstruktive Umgang mit dem Auftraggeber waren besonders prägend.»


Eine letzte Frage an Sie beide: Was war das prägendste Erlebnis für Sie bei diesem Projekt?
Schrattner: Zu Beginn des Projektes war es eine diffuse Unsicherheit, die sicherlich mit dem umfangreichen Objektkatalog und der knappen Zeit zusammenhing. Die anfängliche Skepsis wich mit jedem Arbeitstag, an dem das Projekt voranschritt, einem wohltuenden Optimismus, dass die Daten zeit- und qualitätsgerecht geliefert werden können.
 
Spychiger: Mich prägten vor allem zwei Momente. Einerseits die positive Grundstimmung im Team und der konstruktive Umgang mit dem Auftraggeber. Andererseits die vielen Kontakte, insbesondere mit den freundlichen Tram-Chauffeuren, die uns in der sehr heissen Sommerzeit immer wieder mal ein kaltes Getränk spendierten.

Interview: P. D’Avino