Moderne Vermessungstechnik in der Raumplanung am Beispiel Gewässerraum

Moderne Vermessungstechnik in der Raumplanung am Beispiel Gewässerraum

Die Zusammenarbeit der Raumplanung und Amtlichen Vermessung

Beim Gewässerraum handelt es sich um eine überlagernde Schutzzone, welche mit einer vorbestimmten Breite entlang aller Gewässer festgelegt werden muss. Ziel des Gewässerraums ist, den Uferbereich vor weiterer Überbauung zu schützen. So soll sichergestellt werden, dass das Gewässer seine Funktion in Zukunft vollumfänglich erfüllen kann. Zum einen beugt ein genügend breites und naturnah gestaltetes Flussbett Hochwasser vor, zum anderen bilden Fliessgewässer und deren Uferbereiche wichtige Naturräume und tragen so zum Erhalt der Biodiversität bei.

Der Gewässerraum wird im Siedlungsgebiet durch die Gemeinden im Rahmen ihrer Nutzungsplanung festgelegt. Der gesetzliche Auftrag dazu kommt aus dem nationalen Gewässerschutzgesetz und dessen Verordnung bzw. aus dem kantonalen Raumplanungs- und Baugesetz.
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Oben: Verzicht beim Mülibach und Spezialfall Liesberg Station
Unten: Anpassung des Gewässerraums Birs an die topografischen Gegebenheiten


Diverse Gemeinden im Baselbiet durften wir bereits bei der raumplanerischen Festlegung des Gewässerraums unterstützen. Neben den gesetzlichen Grundlagen, welche Form und Breite der Schutzzone festlegen, bilden für die Bestimmung von deren Verlauf die Daten der Amtlichen Vermessung (AV) die wichtigste Grundlage (Lage und Breite des Gewässers). Solange die Schweiz nicht fertiggebaut ist, ist die Amtliche Vermessung ein fortlaufender Prozess. 
Die Gewässerverläufe werden zukünftig periodisch nachgeführt - aufgrund der schleichenden Veränderung in der Lage und der oft schlechten Einsehbarkeit wegen der Uferbestockung entspricht die Lage der Gewässer aber heute noch zu einem grossen Teil der Situation zum Zeitpunkt der Erstvermessung vor 50 bis 100 Jahren. 

Entsprechend kann es vorkommen, dass der Verlauf eines Bachs oder die Uferlinien eines Flusses nie an die letzte Renaturierung angepasst wurden oder dass eine Dole noch abgebildet ist, obwohl das Bachwasser bereits in das Frischwassersystem der Gemeinde umgeleitet wurde. Da die Festlegung des Gewässerraums u.a. auch Eigentumseinschränkungen mit sich bringt, ist die Aktualität der Grundlagedaten von hoher Bedeutung für die angrenzenden Landeigentümerinnen und Landeigentümer.

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Oben: Oben: Gewässerlaufkontrolle mit Neigungskarte und Höhenlinie abgeleitet aus ALS-Daten (Blau= ebene Fläche, Grün= geneigte Fläche)
Unten: Gewässerlaufkontrolle mit Orthophoto und Höhenlinien aus ALS-Daten


«Die Lösung liegt in der Interdisziplinarität»

Die Lösung liegt in der Interdisziplinarität. Der Bereich Raumplanung kann sich für die Prüfung und Präzisierung der Grundlagedaten auf die Expertise des Bereichs Amtliche Vermessung verlassen.

 Für die Überprüfung und Aktualisierung der Gewässerverläufe im Zusammenhang mit Gewässerraum-Festlegungsprojekten stehen heute modernste Aufnahmemethoden und Auswerte-Technologien zur Verfügung. Unter Einsatz von Airborne Laserscanning (ALS) und daraus abgeleiteter Produkte, wie z.B. Höhenkurven oder Neigungskarten lassen sich die oberirdischen Gewässerdefinitionen mit vertretbarem Aufwand, auch in stark bestockten Gebieten, verifizieren. Wo Handlungsbedarf erkannt wird, müssen die graphischen Bilddaten allenfalls mit klassischen Aufnahmemethoden der Vermessung ergänzt werden, um die veränderte Situation im Datenbestand genügend genau erfassen zu können.
Die Erkenntnisse der Überprüfung der Bachläufe fliessen nahtlos in den Planungsprozess ein und die Nachführung der amtlichen Vermessung erfolgt gezielt und bedarfsgerecht an den für die Festlegung des Gewässerraums relevanten Stellen.














Text:
Joël Suhr
Oktober 2022